Der Maßnahmekatalog: So sollen Speicher gefüllt werden
Die Lage auf dem Gasmarkt spitzt sich zu: Am Wochenende hat Russland seine Gaslieferungen gedrosselt.
Wie reagiert die deutsche Bundesregierung darauf?
Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck: „Noch können die ausfallenden Mengen ersetzt werden, noch läuft die Befüllung der Gasspeicher, wenn auch zu hohen Preisen. Die Versorgungssicherheit ist aktuell gewährleistet. Aber die Situation ist ernst. Wir stärken daher weiter die Vorsorge und ergreifen zusätzliche Maßnahmen für weniger Gasverbrauch. Sonst wird es im Winter wirklich eng.“
Wie soll das nun gelingen?
Das sind die zusätzlichen Maßnahmen für weniger Gasverbrauch und mehr Speicherung.
Weniger Gas, dafür mehr Kohle zur Stromerzeugung
Um den Gasverbrauch zu senken, soll weniger Gas zur Stromproduktion genutzt werden. Stattdessen werden Kohlekraftwerke wieder intensiver benötigt.
„Das entsprechende Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz, das dies ermöglicht, ist derzeit im parlamentarischen Verfahren und soll am 8. Juli im Bundesrat behandelt werden“, heißt es in einer Pressemitteilung.
Das muss gerade für einen Minister der Grünen viel Überwindung gekostet haben. Minister Habeck dazu: „Das bedeutet, so ehrlich muss man sein, dann für eine Übergangszeit mehr Kohlekraftwerke. Das ist bitter, aber es ist in dieser Lage schier notwendig, um den Gasverbrauch zu senken. Wir müssen und wir werden alles daran setzen, im Sommer und Herbst so viel Gas wie möglich einzuspeichern. Die Gasspeicher müssen zum Winter hin voll sein. Das hat oberste Priorität.“
Parallel dazu bereitet das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) jetzt die notwendige Ministerverordnung vor, mit der die Gasersatzreserve aktiviert wird.“
Die Gasersatz-Reserve soll bis zum 31. März 2024 befristet eingerichtet werden. „Dafür werden Kraftwerke, die bereits heute als Reserve dem Stromsystem zur Verfügung stehen, ertüchtigt, um kurzfristig an den Markt zurückkehren zu können. Dies führt angesichts des Preisgefüges dazu, dass Gaskraftwerke aus dem Markt verdrängt werden“, heißt es aus dem Ministerium.
Industriegas senken, vergüten und einspeichern
Ein Gasauktions-Modell soll die Industrieunternehmen zur Einsparung motivieren. Mittels eines „Gas-Regelenergieproduktes“ sollen sie ihren Verbrauch reduzieren, im Gegenzug eine „arbeitspreisbasierte Vergütung“ erhalten. Das so eingesparte Gas wiederum soll in die Speicher für den Winter fließen. Der Staat kauft sozusagen der Industrie das eingesparte Gas ab.
Trading Hub Europe soll Gasspeicher marktführend verwalten
Ein relativ neues Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) sieht vor, dass die Nutzer von Gasspeicheranlagen in Deutschland die von ihnen gebuchten Kapazitäten befüllen müssen, um Leerstand zu vermeiden. Sollte die Befüllung ausbleiben, werden die Kapazitäten den Nutzern entzogen und der Trading Hub Europe (THE) als Marktgebietsverantwortlichem zur Verfügung gestellt. Dazu erhält die THE, eine Tochtergesellschaft von elf Ferngasnetzbetreibern, die nötige Liquidität über die staatliche Förderbank KfW, um Gas einzukaufen und einzuspeichern. Der Kredit dazu wird über eine Garantie des Bundes abgesichert.
Gas einkaufen
Über die THE konnte die Bundesregierung seit März rd. 950 Mio. Kubikmeter Erdgas einkaufen und die Gasspeicher auffüllen. „Nach niedrigen Speicherständen im Winter liegen die Stände aktuell bei rund 56% und damit über den Speicherständen des Vorjahres im gleichen Zeitraum“, teilt das Ministerium mit.
Die THE ist verpflichtet, die Gasspeicher schrittweise bis auf 90 Prozent zum 1. November 2022 zu füllen. Zum 1. August soll der Füllstand mindestens 65 Prozent erreichen, zum 1. Oktober mindestens 80 Prozent. Die THE lässt die Speicher dann entweder von anderen Marktakteuren über eine Sonderausschreibung befüllen oder kauft selbst Gas ein, um dieses einzuspeichern.
Sicherung der Liquidität für Unternehmen durch KfW-Kredite
Besonders betroffene Unternehmen werden von der Bundesregierung mit KfW-Krediten unterstützt.
Seit dem 17. Juni 2022 können Beratungsgespräche zum Programm geführt werden. Voraussichtlich Ende Juni 2022 kann die Antragstellung starten.
Zügiger Ausbau der LNG-Infrastruktur
Deutschland hat bislang keinen Hafen, an dem Flüssiggas (LNG) angelandet werden kann. Das ist aber nötig, um die Gasversorgung aus nicht-russischen Quellen zu stärken und so unabhängig von russischen Importen zu werden.
Die Bundesregierung will daher schwimmende LNG-Terminals einrichten.
Sie hat erstens vier Spezialschiffe, sogenannte FSRU, gesichert, auf denen Flüssiggas wieder in Gas umgewandelt werden.
Zweitens hat sie mit einem LNG-Beschleunigungsgesetz die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen, um den Bau der nötigen Anbindungen an Land zu beschleunigen, damit bereits im Winter zwei der vier FSRU-Schiffe in Betrieb gehen können und so LNG in das deutsche Gasversorgungsnetz eingespeist werden kann.
Quelle: Pressemitteilung BMWK, 19. Juni 2022
Foto: Archiv anzeiger24.de / Renee Gaudet/Pixabay
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