Gaspreis-Deckel: Soll das der ‚Doppel-Wumms‘ sein…?

So sollen Bevölkerung und Wirtschaft entlastet werden und gleichzeitig sparen

Viele Monate sind verstrichen, es gab einige Entlastungspakete – aber einen „großen Wurf“, um die Energiepreise für die Bevölkerung und Wirtschaft wieder bezahlbar zu machen, ist der Bundesregierung noch nicht gelungen. Vor einigen Tagen kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz einen „Doppel-Wumms“ an: Mit einem 200 Milliarden Euro schweren Sondervermögen soll u.a. eine Energiepreisbremse finanziert werden. Wie das gehen soll, das überlässt die Bundesregierung einer Expertenkommission „Gas und Wärme“. Diese hat nun am Wochenende getagt und erste Vorschläge erarbeitet. Am Montagvormittag, 10. Oktober, haben die Vorsitzenden Prof. Dr. Veronika Grimm vom Sachverständigenrat der Bundesregierung, Prof. Siegfried Russwurm, Bundesverband der Deutschen Industrie, sowie Michael Vassiliadis, Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, die Ideen präsentiert.

Es folgen weitere Sitzungen; und am Ende muss die Politik entscheiden, was davon wie umgesetzt wird.

 

Die Ausgangslage 

Die Kommission hält es für erforderlich, dass mindestens 20 Prozent Gas eingespart wird – und gleichzeitig sollen Haushalte und Unternehmen entlastet werden. Ein weiterer Anstieg der Großhandelspreise soll vermieden werden. Außerdem soll es Anreize geben, Klimaschutz-Maßnahmen zu fördern.

 

Und eins ist auch klar: „Die Gaspreiskrise wird Deutschland bis mindestens in das Jahr 2024 hinein stark fordern. Die Herausforderungen im Winter 2023/24 werden mindestens genauso groß sein wie in diesem Winter – wahrscheinlich sind sie sogar größer“, heißt es in dem Zwischenbericht.
 

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Gas- und Wärmepreisbremse für Haushalte 

Um die Gaspreise zu deckeln, schlägt die Kommission ein zweistufiges Entlastungsprogramm vor, das über die Gasversorger abgewickelt werden soll.

Allerdings klingt das Verfahren recht kompliziert – nicht unbedingt für die Verbraucherinnen und Verbraucher, wohl aber für die Stadtwerke und Hausverwaltungen.

 

Stufe 1: Einmalzahlung im Dezember 2022

Gaskunden erhalten im Dezember 2022 eine Einmalzahlung auf Basis des Verbrauchs vom September 2022.

Verfahren: Der Staat übernimmt als Zahler die Abschläge aller Gaskunden und SLP Kunden, außer Industrie und Stromerzeugungskraftwerken. Die Übernahme der Abschlagszahlungen bei Vermietern wird in der Dezemberabrechnung behandelt.
Die Versorger verzichten auf die Erhebung der Abschlagszahlung für Dezember. Im Ausgleich bekommen sie die Werte der Abschlagszahlungen spätestens zum 1. Dezember 2022 von einer staatlichen Stelle erstattet

 

Stufe 2: Gas- und Wärmepreisbremse ab März 2023

Der Brutto-Preis, inklusive aller staatlich induzierter Preisbestandteile, wird auf 12 Cent/kWh für Gas für ein Grundkontingent der Gasverbrauchsmenge festgelegt.
Für den Rest der Verbrauchsmenge oberhalb des Grundkontingentes gilt der vertraglich vereinbarte Arbeitspreis. Für den Rest der Verbrauchsmenge oberhalb des Grundkontingentes gilt der vertraglich vereinbarte Arbeitspreis.
Die Gas- und Wärmepreisbremse soll zum 1. März 2023 in Kraft treten und frühestens zum 30. April 2024 enden. Sie erreicht den Kunden mit der Abschlagszahlung.

 

Der erhaltene Betrag muss nicht zurückgezahlt werden. Das soll die Menschen zum Sparen anregen, gleichzeitig reduziert jede eingesparte kWh den Rechnungsbetrag um den im Versorgungsvertrag vereinbarten Arbeitspreis.

 

Der monatliche Betrag der Gas- und Wärmepreisbremse für Kunden, die einen Arbeitspreis oberhalb des Garantiepreises haben, errechnet sich wie folgt:
Rabatt = (individueller Arbeitspreis -Garantiepreis) * Grundkontingent / #Abschläge

 

Für Fernwärmekunden werden ein garantierter Brutto-Preis von 9,5 ct/kWh für Fernwärme für ein Grundkontingent von 80% und ein Preisdämpfungsmechanismus beim Preisanpassungsmechanismus für Fernwärmepreise eingeführt.

 

Bei Mietshäusern und Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG), die zentral beheizt werden, wird im Dezember 2022 dem Betriebskostenkonto der Mieter die Einmalzahlung gutgeschrieben.
Die Gutschrift muss vom Vermieter auf die Wohnungen bzw. Bewohner umgelegt werden.

 

Hilfsfonds zum Schutz von Mietern und Eigentümern

Ergänzend zu dem Modell der Einmalzahlung wird für Härtefälle aufgrund von Gas- und Fernwärmepreisen für den Zeitraum 1. Januar 2022 bis 28. Februar 2023 ein Hilfsfond eingerichtet.

 

Dieser SofortHilfsfond besteht aus zwei Elementen:

Zinslose Liquiditätshilfe für die Vermieter und Wohnungsunternehmen, die für ihre Mieter bei extremen Preissteigerungen für Gas und Fernwärme in Vorleistung gehen wollen, und für Mieter, deren Vorauszahlungen (Abschlag) im vierten Quartal und im Januar/Februar 2023 durch die vorgeschlagene Einmalzahlung nicht ausgeglichen werden kann und die somit überlastet werden.

Unterstützung für Mieter sowie Eigentümer, die von den besonderen Preissteigerungen schon vor diesem Zeitraum betroffen sind, und über das vorgesehene Modell nicht ausreichend entlastet werden.

 

Gaspreisbremse für die Industrie

Vom 1. Januar 2023 in Kraft bis zum 30. April 2024 sollen große industrielle Verbraucher (größer 1,5 Mio. kWh/a) ebenfalls entlastet werden (ausgenommen Gaskraftwerke, größere Wohneinheiten und ggfs. weitere, noch zu identifizierende Verbraucher).
Das Kontingent bemisst sich im Regelfall an 70 % des Verbrauches des Jahres 2021.

Für dieses Kontingent von 70 % wird ein Beschaffungspreis von 7 ct pro kWh definiert. Die geförderte Gasmenge kann das verbrauchende Unternehmen für seine Zwecke nutzen oder am Markt verwerten.

 

Die Förderung ist an den Standorterhalt und eine Transformationsperspektive zu Klimaneutralität gebunden.
Die gewährte Subvention wird über den jeweiligen Gaslieferanten administriert.

 

Wohngeld Plus

Ab Januar 2023 sollen mindestens 2 Millionen Menschen zusätzlich die Heizkostenzuschüsse erhalten, die im Gesetz für die Wohngeldempfänger vorgesehen sind.

 

Hilfsfonds im Gesundheitsbereich

Für „soziale Dienstleister“ wie Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Reha-Kliniken oder soll ein besonderer Hilfsfonds eingerichtet werden.

 

Wie geht es weiter?

In den Sitzungen am 17. und 24. Oktober sollen weitere Fragen geklärt werden, z.B.:

  • Umgang mit Härtefällen wegen Preissteigerungen bei nicht erdgasbasierten Wärmetechnologien
  • Details zu den Entlastungsmodelle
  • Wirtschaftlich äquivalenten Lösung für Unternehmen, die direkt am Großhandelsmarkt beschaffen
  • Angebotsausweitung und Nachfragereduzierung
  • notwendige Investitionsanreize
  • Liquiditäts- und Marginingfragen
  • Einbettung der vorgeschlagenen Maßnahmen in den europäischen Rahmen.

 

Es wird also bis in den Winter hinein dauern, bis endgültige Entscheidungen gefällt werden. Und die Entlastungen machen sich erst in 2023 bemerkbar, wenn überhaupt. Hoffentlich ist das nicht zu spät für betroffene Menschen und Betriebe…

 

Bericht: Achim Kaemmerer
Fotos: Pixabay / Collage: anzeiger24.de

 


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