EuGH: Anlasslose Vorratsdatenspeicherung mit EU-Recht nicht vereinbar

Nur bei „ernster Bedrohung für die nationale Sicherheit“ sei die Regelung zulässig

Für die Polizei ist sie ein wichtiges Mittel, um Verbrechen aufzuklären, bzw. Kriminelle aufzuspüren. Für Datenschützer ist sie ein Alptraum: die Vorratsdatenspeicherung, also die Sammlung von Kommunikations- und Standortdaten aller Telefon- und Internet-Nutzerinnen und Nutzer bei den Telefondiensten SpaceNet und Telekom.

Nun hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein wegweisendes Urteil gefällt: Das Europäische Unionsrecht stehe „einer allgemeinen und unterschiedslosen Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten entgegen“, heißt es in einer Presseerklärung vom 20. September 2022.

Soll heißen: Ohne Anlass dürften die Daten nicht „einfach so“ gespeichert werden – „es sei denn, es liegt eine ernste Bedrohung für die nationale Sicherheit vor. Zur Bekämpfung schwerer Kriminalität können die Mitgliedstaaten unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit insbesondere eine gezielte Vorratsspeicherung und/oder umgehende Sicherung solcher Daten sowie eine allgemeine und unterschiedslose Speicherung von IP-Adressen vorsehen.“

 

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Hintergrund

Das deutsche Telekommunikationsgesetz (TKG) sieht vor, dass die Internetzugangsdienstleister SpaceNet und Telekom Deutschland seit dem 1. Juli 2017 alle Verkehrs- und Standortdaten ihrer Kunden für vier bis zehn Wochen „auf Vorrat speichern“ sollen. So wollen Kriminalermittler beispielsweise nachhalten, mit wem ein Verdächtiger in Kontakt stand.

 

Die beiden Dienstleister haben dieses Gesetz bei deutschen Gerichten angefochten. Das deutsche Bundesverwaltungsgericht wollte daraufhin den Sachverhalt auf europäischer Ebene geklärt wissen. 

Mit seinem Urteil bestätigt der Europäische Gerichtshof seine bisherige Rechtsprechung: Das Unionsrecht sei mit nationalen (in diesem Fall also also deutschen) Rechtsvorschriften nicht vereinbar, wenn die Daten lediglich präventiv zur Bekämpfung schwerer Kriminalität gespeichert werden. 

Ausnahmen: „Zum Schutz der nationalen Sicherheit, zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zum Schutz der öffentlichen Sicherheit“ könne der Staat den Betreiber elektronischer Kommunikationsdienste auferlegen, Verkehrs- und Standortdaten allgemein und unterschiedslos auf Vorrat zu speichern: „Eine solche Anordnung kann durch ein Gericht oder eine unabhängige Verwaltungsstelle kontrolliert werden und darf nur für einen auf das absolut Notwendige begrenzten, aber im Fall des Fortbestands der Bedrohung verlängerbaren Zeitraum ergehen“.

 

Was fängt die Bundesregierung nun mit dem Urteil an? Während Innenminsterin Nancy Faeser (SPD) eine Befürworterin der Vorratsdatenspeicherung ist, setzt sich Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) für eine liberale Lösung ein.

Droht da der nächste Streit in der Ampelkoalition…?

 

Bericht: Achim Kaemmerer

Foto: akitada31/VBlock / Pixabay
Collage: anzeiger24.de

 


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