Entlastungspaket der Bundesregierung: Was haben wir wirklich davon?

Licht und Schatten, Unklarheiten und Kritik

Da will die Ampel-Koalition einmal ordentlich austeilen: Um die Bevölkerung ein wenig Last von den erdrückenden Preissteigerungen zu nehmen, haben SPD, FDP und Grüne am Mittwoch, 23. März, ein gewaltiges Hilfspaket geschnürt und einen Tag später vorgestellt.

 

Allerdings gibt es noch viele Fragen.

 

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Was wurde beschlossen?

  • Die Energiesteuer auf Kraftstoffe soll für drei Monate gesenkt werden. Der Benzinpreis sinkt damit um 30 Cent je Liter, Diesel um 14 Cent je Liter. Der „Tankrabatt“, den FDP-Finanzminister Christian Lindner vorgeschlagen hatte, ist damit vom Tisch.

 

  • Einmalige Energiepauschale in Höhe von 300 Euro. Dieser Zuschuss soll über die Lohnabrechnung gezahlt werden, allerdings versteuert.

 

  • Vergünstigte Tickets für den ÖPNV – zum Preis von 9 Euro pro Monat die Rede; beschränkt auf 90 Tage.

 

  • Zusätzliche Einmalzahlung für Familien von 100 Euro pro Kind.

 

  • Weitere Einmalzahlungen für Empfangende von Sozialleistungen.

 

➤ Mehr Details…

Hinzu kommt das Steuerentlastungsgesetz 2022, das am 16. März 2022 verabschiedet wurde.

Es gilt rückwirkend zum 1. Januar 2022:

  • Der Arbeitnehmerpauschbetrag steigt um 200 Euro auf 1.200 Euro.
  • Der Grundfreibetrag steigt um 363 Euro auf 10.347 Euro.
  • Die Entfernungspauschale für Fernpendler (ab dem 21. Kilometer) sowie die Mobilitätsprämie steigen auf 38 Cent.

 

Weitere steuerliche Entlastungen sollen mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz umgesetzt, auf das sich das Kabinett am 16. Februar 2022 verständigt hat:

  • Erweiterte Verlustverrechnung,
  • Verlängerung der degressiven Abschreibung um ein Jahr,
  • Verlängerung der Home-Office-Pauschale,
  • Steuerfreie Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld,
  • Steuerfreiheit für Corona-Pflegebonus bis zu 3.000 Euro und
  • Verlängerung der Abgabefrist für Steuererklärungen 2020, 2021 und 2022.

 

Zur Entlastung von Verbraucherinnen und Verbrauchern bei den Stromkosten entfällt zum 1. Juli 2022 die EEG-Umlage . Die sich daraus ergebende Entlastung von insgesamt rund 6,6 Mrd. Euro sollen Stromanbieter in vollem Umfang an ihre Endverbraucher weitergeben.

 

Weitere Maßnahmen zur sozialen Unterstützung von Bürgerinnen und Bürgern:

  • 100 Euro Corona-Zuschuss für Beziehende von Arbeitslosengeld II oder Grundsicherung.
  • 20 Euro pro Monat Sofortzuschlag für von Armut betroffene Kinder
  • Einmaliger Heizkostenzuschuss
  • 270 Euro für Beziehende von Wohngeld (bei Haushalt mit zwei Personen: 350 Euro, pro weiterem Familienmitglied 70 Euro)
  • 230 Euro für Azubis und Studierende im Bafög-Bezug

Was noch unklar ist

Klingt alles attraktiv, aber was bringt das wirklich? Und was kann realistisch umgesetzt werden?

Es gibt geteiltes Echo.

 

Zum Beispiel kritisiert der Naturschutz-BUND: „Statt eines Tempolimits von 100/80/30 wird nun der Verbrauch von Benzin und Diesel bezuschusst. Die soziale Ungerechtigkeit bleibt. Denn wer mit besonders großen, schweren und übermotorisierten Autos viel tankt, profitiert stärker. Davon kann auch die gut gemeinte Reduzierung der Preise für die ÖPNV-Tickets nicht ablenken. Das Projekt ‚9 für 90‘ kann hier nur ein Anfang sein. Es braucht eine breit angelegte Ausbauoffensive für Busse und Bahnen, um Menschen zu ermöglichen, ohne eigenes Auto mobil sein zu können und ein 365 Euro-Ticket als dauerhaftes Angebot. Die Einführung des Klimagelds begrüßen wir als ein sozial-ausgleichendes Instrument.“

 

Der Sozialverband VdK kommentiert: „Da ist Licht, aber auch viel Schatten. Die Ampel-Koalition hat auch eine Chance verpasst: Für Rentnerinnen und Rentner tut sie nichts. Gerade Menschen mit kleinen Renten sind besonders auf das Geld angewiesen. Viele von ihnen haben am Monatsende einen leeren Geldbeutel und wissen nicht, wie sie bei den immer weiter steigenden Preisen über die Runden kommen sollen. Daran wird dieses Entlastungspaket kaum etwas ändern. Der VdK hält einen Aufschlag auf die Rente, der direkt ausgezahlt wird, für angemessen. Zudem profitieren Rentner nur dann vom befristeten monatlichen Mobilitätsticket, wenn sie den ÖPNV nutzen. Alle anderen gehen leer aus.
Es wäre zudem besser gewesen, die Mehrwertsteuer auf Medikamente zu senken als auf Sprit. Durch günstigen Sprit profitieren Fahrer großer Autos. Rentner, die auf Medikamente angewiesen sind, haben keine Entlastung und vor allen Dingen keine Wahl.
Es wäre besser gewesen, diejenigen zu entlasten, die wirklich Unterstützung benötigen: Geringverdiener, Empfänger von Sozialleistungen und Rentnerinnen und Rentner. Stattdessen erhalten auch Personen mit guten Einkommen Geld. Das halte ich nicht für fair.“

 

Außerdem bleibt noch vieles ungeklärt, zum Beispiel:

  • Ab wann sollen die Maßnahmen eigentlich greifen? Laut Medienberichten „schellstmöglich“.
  • Wie und wann soll das „9-Euro-Monatsticket“ aktiviert werden? Hier scheint es das größte Fragezeichen zu geben: Soll es pro Kommune, regional oder bundesweit gelten? Die Verkehrsunternehmen müssten ihr ganzes Tarifsystem umstellen – und dann nach drei Monaten alles wieder zurückdrehen.
  • Können Autofahrerinnen und -fahrer wirklich sicher gehen, dass die Mineralöl-Konzerne die Reduzierung der Spritpreise wirklich an sie weiter reichen?
  • Und natürlich die Königsfrage: Wer soll das alles eigentlich am Ende bezahlen?

 

Das ganze Paket muss jetzt erst einmal durch den Bundestag. Da gibt es sicherlich noch einiges zu diskutieren…

 

Bericht: Achim Kaemmerer
Foto: Ralphs_Fotos/Pixabay

 


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