Virchowbund: MFA sollen freie Tage genießen – „Knappe Budgets statt faire Löhne und Boni“
Der Virchowbund (Verband der niedergelassenen Ärzte) und weitere Unterstützer der Kampagne „Praxis in Not“ rufen erneut zu Praxisschließungen auf. Vom 27. bis 29. Dezember 2023 sollen Hausarzt- und Facharztpraxen in ganz Deutschland geschlossen bleiben – als „Protest gegen die Gesundheitspolitik von Minister Karl Lauterbach (SPD)“, wie Dr. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des Virchowbundes erklärt: „Diese Protesttage stehen im Zeichen der Medizinischen Fachangestellten. Sie hätten für ihren aufopfernden Einsatz während der vergangenen Jahre einen staatlichen Corona-Bonus mehr als verdient. Leider unterstützt die Politik lieber Beamte und Verwaltungsangestellte als jene, die direkt die Bürgerinnen und Bürger versorgt haben.“
Die freie Zeit zwischen den Feiertagen soll ein „Trostpflaster“ sein und die Attraktivität des Arbeitsplatzes Arztpraxis erhalten.
Warum protestieren die Ärzte?
„Andere Boni, wie Prämien, Inflationsausgleiche und deutliche Gehaltserhöhungen, kann sich kaum noch eine Praxis leisten. Die Vertretung der medizinischen Fachberufe kritisiert zurecht, dass der Mindestlohn für Pflegehilfskräfte mittlerweile höher liegt als der Tariflohn gelernter MFA“, so Dr. Heinrich. „Beiden Seiten – Arbeitgebern und Arbeitnehmern – ist aber auch schmerzlich bewusst, dass die politisch gewollte Budgetknappheit der Praxen das Haupthindernis auf dem Weg zu fairer Entlohnung der MFA ist.“
Not- und Bereitschaftsdienst und Videosprechstunden für Kinder bleiben bestehen
Wichtiger Hinweis: Zumindest an den Feiertagen werden die Patientinnen und Patienten aber nicht unversorgt bleiben: Wer an Heiligabend, den beiden Weihnachtsfeiertagen oder an Silvester und Neujahr akute gesundheitliche Beschwerden hat, kann den ambulanten Notdienst kontaktieren. Anlaufstellen für Patientinnen und Patienten sind ambulante Notdienstpraxen, die auch ohne Voranmeldung direkt aufgesucht werden können.
Informationen zu Adressen und Öffnungszeiten der gut 90 Notdienstpraxen in Nordrhein gibt es unter www.kvno.de/notdienst oder rund um die Uhr über die kostenlose Servicenummer 116 117.
Eltern erkrankter Kinder und Jugendlicher haben darüber hinaus die Möglichkeit, bis Ende Januar 2024 das Angebot der Videosprechstunde im Kindernotdienst zu nutzen. Mehr dazu…
Was fordert der Virchowbund?
Wenn immer mehr MFA fehlen, müssten sich die Praxen in Zukunft noch stärker einschränken, warnt der Virchowbund-Bundesvorsitzende: „Die Wartezeiten auf Termine werden sich verlängern, und viele Patienten werden Schwierigkeiten haben, überhaupt eine Praxis zu finden, die sie betreut.“
Die dreitägige Praxisschließung nach den Feiertagen wird die ambulante Versorgung ganze zehn Tage lang verknappen, dessen ist sich der Virchowbund bewusst, aber: „Wir brauchen so ein Signal, damit auch der letzte Schreibtischtäter in den Ministerien und Kassenbüros versteht, was auf dem Spiel steht, wenn wir die ambulante Versorgung weiter so ausbluten lassen wie bisher.“
Die Kernforderungen von „Praxis in Not“ lauten:
- Schluss mit der Budgetierung in allen Fachgruppen
- Als erster Sofortschritt: Wiedereinführung der Neupatientenregelung
- Eine neue gesetzliche Preisfindung bei den Finanzierungsverhandlungen zum Orientierungspunktwert (OPW), welche die Kostenentwicklung durch Inflation und Tarifabschlüsse unmittelbar statt mit zwei Jahren Verzögerung abbildet
- Eine Krankenhausreform, die das Ambulantisierungspotential voll statt einseitig ausschöpft
- Mindestens 5.000 mehr Medizinstudienplätze
- Ein klares Bekenntnis von Politik und Kassen zur Freiberuflichkeit der Ärzte in Wort und Tat sowie zum Erhalt der ambulanten dezentrale Strukturen durch freiberufliche akademische Heilberufe
Minister Lauterbach hat kein Verständnis
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat im Gespräch mit dem rbb an die niedergelassenen Ärzte appelliert, „Patienten zwischen den Feiertagen nicht im Stich zu lassen“. Er habe Verständnis für die Proteste, aber nicht dafür, dass über die Feiertage gestreikt werde, gerade jetzt, „wo jeder Zehnte krank ist, die Praxen voll sind und die Menschen die Versorgung brauchen. Die Forderungen der Ärzteschaft sind bekannt, sie müssen nicht noch einmal vorgetragen werden“, so Lauterbach. „Wir müssen eine Reform machen. Das ist über viele Jahre nicht gelaufen. Wir haben zu viel Bürokratie in den Praxen. Daran wird jetzt gearbeitet.“
Als Beispiele nannte er die Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung, die geplante Einführung elektronischer Rezepte sowie die Abschaffung sogenannter Budgets für Hausärzte.
Zusammenstellung: Achim Kaemmerer
Fotos: Pixabay / Montage: anzeiger24.de
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