Hausärzte und Apotheker hatten vor Versorgungsnotstand gewarnt
Nach Corona, RS-Viren und Influenza ist derzeit eine Welle an Streptokokken-Infektionen zu beobachten, wie Oliver Funken, Chef des Hausärzteverbands Nordrhein gegenüber der Rheinischen Post erklärte. Diese verursachen eitrige Halsentzündungen. Gleichzeitig spitzen sich Engpässe bei Medikamenten weiter zu.
Abhängigkeit von Asien
Der Apothekerverband hat vor einem anhaltenden Lieferengpass vieler Medikamente gewarnt. Grund sei auch die starke Abhängigkeit von Asien. Derweil helfen verzweifelte Eltern kranker Kinder einanander in Facebookgruppen. „Unser Baby, 2 Monate alt, hat Fieber, wir haben ein Rezept, können aber dennoch keine Paracetamol 75mg Zäpfchen kriegen!“, wandten sich Eltern eines Säuglings in der Landeshauptstadt Düsseldorf in einer Facebookgruppe um Hilfe. Falls jemand Zäpfchen übrig hätte oder aber sagen könnte, in welcher Apotheke die Zäpfchen vorrätig seien, so der Appell.
Über 1.000 Arzneimittel nicht lieferbar
Neben vielen wertvoller Tipps („Ich würde sämtliche Apotheken abtelefonieren.“) meldeten sich auch Nutzer aus dem Kreis Mettmann, unter anderem aus Hilden und Baumberg, und wollten helfen. „Hab welche in Hilden abzugeben“, so eine Nutzerin. Die Eltern des Säuglings hatten schließlich Glück und wurden fündig. „Derzeit sind schon über 1.000 Arzneimittel nicht lieferbar oder teilweise überhaupt nicht zu bekommen“, hatte der Hausärzteverband e.V. schon vor Wochen gewarnt. Mittlerweile seien sogar akut notwendige Arzneimittel wie Antibiotika und Fiebermittel betroffen und bei immer mehr Herstellern nicht verfügbar. „Die Politik muss die Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit Arzneimitteln endlich verbessern. Wenn nicht gegengesteuert wird, wird sich die Engpasssituation bei Arzneimitteln noch in diesem Winter weiter zuspitzen“, warnen Thomas Preis, Vorsitzender Apothekerverband Nordrhein und Dr. Oliver Funken, Vorsitzender Hausärzteverband Nordrhein.
Hausärzte und Apotheker: Appell an Politik
Gerade angesichts der kalten Jahreszeit appellierten Hausärzte und Apotheker gemeinsam an die Politik, Abhilfe zu schaffen. „Früher war Deutschland die Apotheke der Welt, heute sind es Indien und China. Und das führt zu vielen Lieferproblemen.“ Die Arzneimittelproduktion muss wieder nach Europa zurückverlegt werden, fordern Preis und Funken. Auch die Rabattverträge der Krankenkassen verschärfen die Engpässe bei Arzneimitteln, kritisieren Hausärzte und Apotheker. „Wer Arzneimittel zu Konsumgütern degradiert und zum Schnäppchenpreis haben will, bekommt dafür die Quittung in Form von Betriebsschließungen von Arzneimittelherstellern, für die sich die Produktion nicht mehr lohnt“, betonen Preis und Funken.
Angebotsspektrum reduziert sich
Das Angebotsspektrum reduziert sich immer weiter und die Versorgung steht zunehmend auf wackeligen Beinen. Leidtragende seien die Bürgerinnen und Bürger, die nicht mehr in jedem Fall die optimale Arzneimitteltherapie bekommen können. „Trotz der immer dramatischer werdenden Lieferengpässe bei Medikamenten gelingt es Apotheken und Arztpraxen Arzneimitteltherapien sicherzustellen“, erklären Funken und Preis. Die Situation erschwere aber die Arbeit des medizinischen und pharmazeutischen Personals immer mehr.
Corona, Grippe und Personalmangel
Und das in Zeiten, wo Corona, Grippe und Personalmangel ohnehin schon sehr hohe Belastungen in Apotheken und Arztpraxen mit sich bringen. Apotheken und Arztpraxen arbeiteten mit ihren Teams seit der Coronapandemie an der obersten Belastungsgrenze. Die jetzt schon zugespitzte Lage bei den Lieferengpässen von Arzneimitteln dürfe nicht länger zu Lasten und auf Kosten des enormen Mehraufwands für Apotheken und Hausärztepraxen stattfinden, fordern Preis und Funken.
Bericht: anzeiger24/Quelle: Hausärzteverband Nordrhein e.V.
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