Ist die Unterbringung nur eine Frage des Geldes – was erwartet die Stadt von Bund und Ländern?
Seit Monaten schlagen die Kommunen Alarm: Immer mehr Flüchtlinge bzw. Asylbewerberinnen und -bewerber kommen nach Deutschland und werden von Bund und Ländern den Städten und Gemeinden zugewiesen. Viele wissen aber inzwischen nicht mehr, wie und wo sie die Menschen versorgen können, so der Städte- und Gemeindebund (DStGB). Die Hilferufe werden aber nicht gehört, klagt u.a. der StGB NRW.
Nun kommt das Land NRW den Kommunen finanziell entgegen: Es werden weitere 808 Millionen Euro zur Aufnahme, Unterbringung und Versorgung schutzsuchender Menschen an die Kommunen ausgezahlt. Der Kreis Mettmann erhält davon 6.071.973 Millionen Euro mehr, erklärt Ina Besche-Krastl, Landtagsabgeordnete der Grünen für den Kreis Mettmann. Die Summe setzt sich aus Bundesmitteln und aus Mitteln aus dem Sondervermögen des Landes „Bewältigung der Krisensituation in Folge des russischen Angriffskriegs“ zusammen.
Haan bekommt demnach zusätzliche 757.047,30 Euro aus diesem Topf.
Zuwendungen für die anderen Städte: Erkrath 1.078.280,82 Euro, Heiligenhaus 669.650,82 Euro, Hilden 1.353.713,18 Euro, Langenfeld 1.471.180,81, Euro, Mettmann 985.868,30 Euro, Monheim 1.034.499,16 Euro, Ratingen 2.187.405,75 Euro, Velbert 2.052.301,70 Euro und Wülfrath 546.556,96 Euro.
Was macht die Stadt Haan nun mit dem Zuschuss?
757.000 Euro mehr sind natürlich ein ordentlicher Zuschuss. Wir haben beim Rathaus in Haan nachgefragt: Wofür wird die Stadt das Geld verwenden?
Antwort: „Für die Unterbringung und Versorgung Geflüchteter. Insbesondere müssen aktuelle weitere Interims-Unterkünfte angemietet werden.“
Und ist die Summe ausreichend?
Die Stadt Haan rechnet allein in 2023 mit Aufwendungen von 5.175.232 Euro bei einem Ertrag von 2.195,374 Euro. Das ergibt eine Unterdeckung von rund 2.980.000 Euro.
Nicht eingerechnet seien dabei „zusätzliche Kosten für die Beschulung oder die Bereitstellung von KiTa Plätzen“, erklärt uns die Pressestelle.
Das bedeutet: „Natürlich hilft die finanzielle Zuwendung des Landes in der aktuellen Situation. Allerdings wird diese nicht auskömmlich sein. Zudem muss die Kommune auch ohne zusätzliche Mittel ihrer gesetzlichen Pflichtaufgabe nachkommen, bei den Unterbringungskapazitäten jeweils entsprechend nachzusteuern. Land und Bund nehmen dabei in Kauf, dass eigene Steuermittel der Kommune hierfür aufzuwenden sind. Die Stadt tritt insofern ständig in Vorleistung. Die zusätzlich erforderlichen Aufwendungen belasten den städtischen Etat in erheblichem Umfang, so dass durch die aktuelle Zuweisung nur eine einmalige Entlastung eintritt.“
Die Unterbringung von Flüchtlingen ist für die Kommunen nicht nur eine Frage des Geldes, sondern auch der räumlichen Kapazitäten. Und die sind ja in vielen Städten und Gemeinden nahezu erschöpft. Auch „in Haan gehen die bisherigen Unterkunftskapazitäten derzeit sehr schnell zur Neige„, teilt uns die Stadt mit. „Aktuell werden vielfältige Verhandlungen hinsichtlich verschiedener Gewerbeobjekte geführt, die mindestens in zwei bis drei Monaten bezugsfertig sein können. Die Stadtverwaltung steht zu ihrer Zusage, die Sporthalle an der Adlerstraße nur im absoluten Notfall zu sperren.“
Bund-Länder-Treffen: Forderungen der Stadt Haan
Ab dem heutigen Montagnachmittag, 6. November 2023, werden Bund und Länder erneut über das Thema beraten. Die Länder verlangen u.a. mehr Unterstützung vom Bund.
Und was erwartet die Stadt Haan von dem Treffen?
„Die Bürgermeisterin der Stadt Haan hat sich einem gemeinsamen Schreiben der Hauptverwaltungsbeamten mit einem klaren Forderungskatalog angeschlossen“, teilt uns die Verwaltung mit. „Neben einer auskömmlichen Finanzierung aller Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Unterbringung, Betreuung und Versorgung Geflüchteter anfallen, wünschen sich die Kommunen eine bessere Planbarkeit und eine finanzielle Förderung für die Errichtung von Unterkünften oder bezahlbarem Wohnraum. Schon zum dritten Mal in kurzer Zeit (nach 2015/16 und 2022) sind alle Kommunen im Krisenmodus auf der Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten für Geflüchtete. Die Kommunen würden sich gern strategisch hierzu positionieren und bei einer besseren Planbarkeit des Bedarfes vor Ort Unterkünfte bauen und einrichten, welche den Anforderungen an eine menschenwürdige Unterbringung entsprechen und die Basis für eine gelingende Integration ist.“
Bericht: Achim Kaemmerer
Fotos: Archiv anzeiger24.de / kahll/Pixabay / Montage: anzeiger24.de
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